Lichtfalle

vom Standpunkt des Tieres ist der menschliche Geist
zweifelsohne eine Krankheit
(Pierre Klossowski)

im Rahmen der Ausstellung "Lichtflut"
Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt
Oktober 1993


Rauminstallation bestehend aus:

"Katlan Senator"-Insektenvernichter
Schwarzlichtlampen






Text zur Ausstellung

von Arnulf Rohsmann

Rudolf Macher bedient sich bei seiner Installation "Lichtfalle" eines elektronischen Fluginsektenvernichtungsgerätes der Type "Katlan Senator", und mehrerer "Schwarzlichtlampen", die ultraviolettes Licht in das manieristische Kuppelgewölbe des Ausstellungsraumes strahlen.

Das Gerät besteht aus einem käfigartigen Gehäuse, in dessen Inneres die Insekten gelockt werden, um dort durch hohe Spannung getötet zu werden.

Der Künstler thematisiert die trivialen Funktionen des Lichtes als Attraktion, als Köder und tangiert auch die Metaphysik des Lichtes als Metapher für die Grenzerfahrungen: als Blendung, als Tod oder als Horizont des Denkmöglichen, z.B. der Lichtgeschwindigkeit.

Der "Senator" führt auf der Ebene der Banalität den tödlichen Ausgang des Strebens nach dem Licht vor. Die Tötung passier dort, wo das Licht am hellsten ist - durch die blitzähnliche Entladung beim Berühren des Gitters. Der "Senator" spiegelt die Struktur der mechanisierten Tötung wider. Diskretes Knistern, von kühl anmutendem Funken begleitet, meldet ihren sauberen und fast rückstandsfreien Vollzug. Die Insekten markieren als Repräsentanten der betroffenen Lebewesen den Status der Entindividualisierung, der die Hemmschwelle absenkt. Die ausbleibende Konfrontation mit der individuellen Tragik bewahrt nicht vor dem Schock der kollektiven Liquidation. Macher bezieht auch das vorgefundene Sprachmaterial in die Ikonografie ein - die Typenbezeichnung "Senator" für einen hohen politischen Entscheidungsträger oder für ein käufliches Objekt; und "Amcor", aus dem der Künstler den Buchstaben "C" farblich heraushebt und das Wort in "Amor" und "C" teilt, in Liebe und Lichtgeschwindigkeit. Mit der tödlichen Sehnsucht nach dem Licht spielt er auf den Eros/Thanatos-Konflikt an.

Innerhalb des Vernichtungsgerätes wird das Licht in zwei Arten vermittelt - als blaues, flächig gestreutes, kontinuierlich leuchtendes und als weißes, punktförmiges, im Augenblick der Tötung aufblitzendes.

Zwei Erscheinungsweisen korrespondieren mit zwei Funktionen des Lichtes: die Attraktion des kurzwelligen Dauerlichtes und die schnelle Auslöschung von Leben und Licht durch den Blitz. Der Übergang vom Sein zum nicht-mehr-Sein ist ein kurzer und der materielle Rest ein geringer, in der zynischen Sprache der Produktwerbung ein "benutzerfreundlicher". Im Moment des Blitzes ist das betroffene Lebewesen den anderen letztmalig als solches bewusst, bevor der Exitus des nächsten und übernächsten den Tod der vorhergehenden inflationiert. Bedenken kommen keine auf, solange die Tötung durch das Nützlichkeitspostulat sanktioniert bleibt, und sei es nur durch das erhoffte Freisein von Belästigung motiviert.

Außer dem "Senator" befinden sich noch "Schwarzlichtlampen" im Galerieraum. Ihr ultraviolettes Licht wird nur von sehr hellen Oberflächen reflektiert und lässt dunklere völlig zurücktreten.

Der Ausstellungsbesucher findet auf der Suche nach der Kunst sein Interesse auf sich selbst gelenkt; der konsumiert statt des Kunstobjektes vorerst sich selbst in einem ungewohnten Licht, das ihn in sichtbare helle und kaum sichtbare dunkle Kompartimente teilt. Die visuelle Integrität der Person ist aufgelöst, wenn sie nur partiell wahrgenommen wird.

Ungeachtet der politischen Dimension seiner Arbeit und der Herkunft ihrer Bestandteile gibt Macher keinerlei Anhaltspunkte für die Übertragung der Werkinformation auf gegenwärtige Situationen. Stattdessen formuliert er den Interpretationsrahmen mit der Gleichung "Licht = Zeit/Zeit = Geld".